Kochbuch für Beat Caduff

 

K wi e kerl // Beat Caduff sagt, er sei der Beat, und da hat er wohl recht.

Es ist schwer vorstellbar, dass irgendjemand diesen Mann «Herr Caduff» nennt.

 

Fangen wir beim Ende an: Was wäre deine Henkersmahlzeit? Wir sitzen in der kleinen Lounge direkt vor dem Eingang von «Caduff’s Wine Loft», es ist 11 Uhr, die Sonne scheint, der Kellner fegt nochmal das Trottoir, in einer Stunde werden die Mittagsgäste kommen. Der Mitarbeiter bringt mir auf Caduffs Empfehlung einen Riesling zum Probieren und dem Chef das Telefon – ein Anruf wartet. Caduff geht ran. «Ja hoi», sagt er, «hoi. Ja. Jaja. Wichtig ist, dass sie keine Brunfthirsche schiessen und keine mit Hunden gejagte Wildschweine oder so und keine angeschossenen Tiere. Und gute Schüsse, das ist alles.» Der Wein ist vorzüglich, sehr blumig und leicht – ich hab mir umsonst Gedanken gemacht, ob es eine gute Idee ist, gleich nach dem ersten Kaffee mit Wein weiterzumachen. Caduff legt auf. So, Entschuldigung. Zum Wohl! So einer geht immer, oder? Also, Henkersmahlzeit. Im Moment wäre es wohl eine Bouillabaisse. Eine schöne, frische Bouillabaisse, das wäre lässig. Und dazu ein 2009er Riesling G-Max vom Weingut Keller, ein 1999er La Tâche von der Domaine de la Romanée-Conti. Oder ein weisser Burgunder, dann eine 1994er Trockenbeerenauslese von Egon Müller zum Dessert. Und in Bordeaux hätt ich gern einen 1990er … … das könnte jetzt noch länger dauern, oder? Ja, das ist wirklich schwierig. Und wenn du im Herbst gehängt würdest, würdest du dir etwas anderes zum Essen wünschen? Ja, dann auf jeden Fall etwas Wildiges. Ein Moorhuhn, ein Schneehuhn, so etwas. Du hast also kein ewiges Sehnsuchtsgericht? Nein, in dem Sinne nicht. Es gibt viele Gerichte, die an einem bestimmten Ort am besten schmeckten, und da denke ich schon, das hätte ich gern wieder mal. Aber kein Gericht per se. Das ist wie bei deinem Schuhschrank, du hast wahrscheinlich auch ein Paar Lieblingsschuhe, aber die ziehst du ja nicht jeden Tag an. Du schaust all deine Schuhe an und entscheidest dann nach Kontext, zu diesem Anlass nehm ich die, zu dem Kleid die. Das ist beim Essen ganz ähnlich. Kannst du mir ein paar von diesen ultimativen Esserlebnissen schildern? Ja, eins zum Beispiel war bei Michel Troisgros in Roanne, das ist sowieso eins meiner Lieblingsrestaurants. Das ist so ein grusiger Bahnhof irgendwo im Nirgendwo in Frankreich, und wenn du da reinkommst, bist du in einer anderen Welt. Das ist einfach meine Küche. Und bei ihm gab es zum Beispiel mal eine Terrine aus Tauben, die lassen die Tauben gleich komplett dure, mit den Knochen, das ist ganz verreckt. Also mit Kopf und Schnabel und Füssen in den Mixer? Nein, das kommt schon weg, aber die Knochen bleiben drin und dann wird das in einer Maschine mit verschiedenen Messern ganz fein gemixt. Das streichen sie nachher noch durch ein Sieb, dann hast du auch keine Knochensplitter oder so drin. Aber Knochen gibt halt Aroma, wenn du einen Schinken am Knochen kaufst, hast du ja auch mehr Aroma. Das ist schon wahnsinnig guet. Hast du versucht, das nachzukochen? Ja sicher, sicher. Aber es ist halt nicht das Gleiche. Das hatte ich auch mal mit einer Ente, die ich vor x Jahren beim Girardet gegessen hab – ich hab bestimmt zwanzigmal versucht, die so hinzukriegen wie er. Aber ich habs einfach nicht geschafft. Es war gut, aber das, was er gemacht hat, war einfach noch mal eine Stufe besser. Er hatte natürlich auch noch so eine grosse Presse, wo sie die Knochen ausgepresst haben für die Sauce, das hatte ich natürlich nicht. Es war auch sonst nicht das Gleiche. Aber das ist eigentlich das Schöne am Kochen. Es ist wie in der Kunst: du kannst noch so sehr versuchen, wie Chagall zu malen, seine Technik abzukupfern, aber du wirst doch nie an ihn herankommen.

 

 

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